Quelle: Birgit Schunk, Freies Wort Lokalausgabe Hildburghausen, Suhler Verlagsgesellschaft mbH & Co

Heßberg scheint ein gutes Pflaster für Spezialisten zu sein.

Gunter Lindner: Das Pflügen ist eine Wissenschaft für sich. Er kennt die Technik wie seine Westentasche. Foto: Schunk

Heßberg - Immerhin kommen mit Gunter Lindner und Michael Gottschling 2009 zwei Vizelandesmeister aus dem Dorf. Dabei waren die Spitzenplatzierungen für Insider nicht überraschend. Gunter Lindner gilt längst als alter Hase im Metier. "Ich denke, ich bin der Einzige, der bislang alle Landesausscheide mitgemacht hat", sagt er. Neunmal war er bisher dabei, sechsmal ging es dabei aufs Podest. Zwei Landesmeistertitel konnte der 56jährige auf sich verbuchen.

Arbeit als Hobby

Mit dem Beetpflug kennt Gunter Lindner, der in der Versuchsstation Heßberg arbeitet, sich aus. Und dabei hat er einst Werkzeugmacher gelernt. Aus Crock stammend, war er schon früh von Hause aus mit der Landwirtschaft vertraut. Als Traktorist fing er in der einstigen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft an und landete später in der Versuchsstation. Er blieb dabei und hat aus der Arbeit sein Hobby gemacht - oder umgekehrt. Zu Hause werden Kartoffeln und Getreide angebaut. Das Feld wird - und wie sollte es anders sein - selbst bearbeitet. Die Feinheiten des Pflügens beherrscht Gunter Lindner aus dem Effeff. Mit privatem Traktor und blitzblank geputztem Pflug ist er zum Landesausscheid bei Weimar getuckert - ganze dreieinhalb Stunden lang auf der Landstraße. "Man muss schon ein bisschen verrückt sein", räumt der Heßberger mit Augenzwinkern ein. Wochenenden könnte man schließlich bequemer verbringen. Stattdessen stellte er sich den gestrengen Augen der Jury. Dabei ging es nicht darum, am Ende der Schnellste zu sein. Binnen von zweieinhalb Stunden war Genauigkeit gefragt. "Die Aufgabe bestand darin, ein vorgegebenes Stück Acker von 100 m Länge und entsprechender Breite praxisgerecht zu pflügen. Beim Einsetzen und Ausfahren und auch sonst dürfen an keiner Stelle ungepflügte Reste zurück bleiben", sagt Hauptschiedsrichter Gerd Kästner, der seit Jahren die Wettbewerbe betreut. Die vorgegebene Tiefe von 22 Zentimetern musste auf der gesamten Pflügefläche eingehalten werden. Feinarbeit also mit grobem Gerät. "Gerade, gleichmäßige dicht aneinander liegende Furchendämme waren gefordert", benennt Kästner die strengen Kriterien. Am Ende musste eine saubere, absolut unkrautfreie Ackerfläche vorliegen. "Das ist schon eine Wissenschaft für sich. Man muss richtig gut rechnen können, damit zum Schluss alles aufgeht und man nicht mehrmals über eine Fläche fährt", weiß Lindner nur zu gut. Nicht umsonst ist er immer zu solchen Anlässen mit seiner Notiztafel und Stift unterwegs.

Michael Gottschling: Viel gelernt von den alten Hasen. Foto: Schunk

Zur jüngsten Landesmeisterschaft hatte Gunter Lindner tatkräftige Unterstützung aus heimischen Gefilden an seiner Seite. Der um 20 Jahre jüngere Michael Gottschling ging für die Milchland GmbH Veilsdorf an den Start und holte mit dem Drehpflug ebenso den Vizetitel. "Vor ein paar Jahren hieß es bei uns im Betrieb, dass die Jungen die alten Hasen ablösen müssen", denkt er zurück. Abgeneigt war er nicht, wollte sich die Sache allerdings erstmal aus der Nähe betrachten - und blieb dabei. "Erfahrene Männer wie Walter Nielius und Günther Rottenbach haben mir viel beigebracht", sagt der 36jährige. Er weiß, dass man sich viel abschauen kann, "aber man braucht auch schon den Blick dafür und das Händchen". Es gebe sicher genug Leute, die lernten es nie. "Das gute Pflügen muss im Blut liegen".

Fleißig trainiert

Michael Gottschling hat sich an die Hohe Schule der Bodenbearbeitung herangetastet. Zu wissen, dass man in Thüringen mit zu den Besten gehört, das "ist schon ein gutes Gefühl". Und das motiviert. Vor allem auch, weil der Betrieb dahinter stehe und gute Ergebnisse würdige. Da wird im Vorfeld vom Leistungspflügen auch mal ein Probefeld abgesteckt und trainiert. "Bei Tierschauen und Wettbewerben im Leistungsmelken werden oft vordere Plätze geholt, da wollen wir aus der Pflanzenproduktion natürlich nicht nachstehen", sagt der Heßberger.

Gottschling und Lindner blicken jetzt bereits ins kommenden Jahr. Dann soll voraussichtlich der Regionalausscheid auf den Flächen der Milchland GmbH stattfinden. Und wenn es dann noch rund um Heßberg wäre, dann hätten die beiden einen ordentlichen Heimvorteil. "Hier kennen wir jede Ecke und auch die unterschiedlichen Böden", sagt der Jüngere von beiden.

Man weiß, dass die Tradition des guten Pflügens aufrechterhalten werden muss - auch wenn etliche Betriebe wegen hoher Dieselkosten sich heute manchen Arbeitsgang sparen und bereits pfluglos arbeiten. "Das schafft aber auch neue Probleme", weiß Gunter Lindner. Schnecken, Unkräuter und Mäuse blieben nicht aus. "Der Grubber lockert den Boden nur auf. Der Pflug wendet ihn. Und das macht sich bezahlt", bricht der Heßberger im Namen seiner Pflüger-Kollegen eine Lanze für die wohl älteste Art überhaupt, den Boden zu bearbeiten.

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