Quelle: Georg Schmidt, Freies Wort Lokalausgabe Hildburghausen, Suhler Verlagsgesellschaft mbH & Co

Freies Wort sprach mit Silvio Reimann über die Ernteerträge und Milchpreise

Silvio Reimann zeigt sich zwei Tage nach dem einwöchigen Alpenurlaub eher gelassen denn in Panik angesichts der aktuellen Turbulenzen in der Landwirtschaft und im Handel. Preisanstieg bei Milchprodukten, Hamsterkäufe und Hysterie wegen der wachsenden Nachfrage nach Lebensmitteln in China, Ertragseinbrüche - Reimann mag sich nicht verrückt machen lassen.

VEILSDORF - Für den Geschäftsführer der Milch-Land GmbH Veilsdorf zählt erst einmal das Tagesgeschäft, sprich die Ernte, vor Ort. Und gestern konnte er diesbezüglich bessere Nachrichten verkünden als manche glauben machen wollen. Von den 1800 Hektar Gesamtdruschfläche in den Betriebsbereichen Veilsdorf und Crock sind 65 Prozent abgeerntet. Und die Erträge bei Raps, Erbsen, Gerste, Weizen und Tricitale sind nicht schlecht. Bei Raps wurden 32 Dezitonnen je Hektar geerntet, bei Erbsen 35 und bei Wintergerste 50. "Das liegt zwar fünf bis zehn Prozent unter den Durchschnittswerten und wesentlich unter der Rekordernte von 2004, ist aber zufriedenstellend", meint er. Die Feldfrüchte seien zwar gut überwintert, das trockene Frühjahr aber habe Wachstum und Erträge gemindert. "Wir werden das kompensieren", ist sich der Landwirt sicher. Natürlich wurmt es ihn, dass es mit der lukrativen Braugerste in Qualität und Menge nicht so klappen wird, wie gewünscht. Just da die Preise stiegen und sich demnächst wohl auch im Bierpreis niederschlagen, verringerten viele Landwirtschaftsbetriebe, darunter auch Milch-Land, die Anbauflächen.

Während also bei den Getreidekulturen das Wetter seine Spuren hinterließ, wuchs das Futter auf den Grünlandflächen um so besser, auch wenn sich die Zeitabläufe bei der Ernte verschoben. "Heu und Silage sind unter Dach und Fach, teilweise wissen wir gar nicht mehr, wohin mit dem Futter", bilanziert Silvio Reimann die Lage. Das Futter wird vor allem für die 5000 Rinder, darunter 2200 Milchkühe gebraucht. Von den 7000 Tonnen Getreide aus eigener Produktion werden 4000 in den Anlagen der Milch-Land GmbH verfüttert.

Handel profitiert

Und da lässt sich der Bogen vom Erntestand zum Schwarze-Peter-Spiel mit den Milch- und Getreidepreisen spannen, bei dem sich Landwirte, Molkereien und Handel gegenseitig die Schuld für die Verteuerung zuschieben. Silvio Reimann gilt als Insider, denn er ist nicht nur Geschäftsführer des Unternehmens in Veilsdorf sondern auch stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Milchwerke Oberfranken in Wiesenfeld. Wer treibt die Preise in die Höhe, wer profitiert davon und wer sind die Verlierer? Reimann mahnt zur Gelassenheit und hat einige Zahlen parat. Besagte Milchwerke, mit 40 000 Tonnen Jahresproduktion Marktführer bei Käsespezialitäten in Deutschland, sind seit fünf Jahren "Bundessieger im Milchauszahlungspreis". Soll heißen: Das Unternehmen vergütet den Landwirten den Liter mit rund 30 Cent, während der Durchschnittspreis bei 27 Cent liegt und manche Firmen die Milchproduzenten mit 23 Cent abspeisen. "Seit 1. Juni zahlen die Milchwerke Oberfranken einen Cent mehr und seit 1. Juli erhalten die Landwirte 32,7 Cent", berichtet Reimann. Mit der aktuellen Hysterie um die Verteuerung der Lebensmittel, habe dies aber nichts zu tun. "Es ist einfach den gestiegenen Umsätzen der Milchwerke und der Wirtschaftlichkeit des renommierten Unternehmens geschuldet", weiß er. Über neue Käsepreise werde in Wiesenfeld erst im Herbst verhandelt, also profitierten von der Verteuerung an der Käsetheke die Handelsketten.

Die Milch-Land GmbH Veilsdorf betreibt einen eigenen Hofladen, der von Edeka beliefert wird und in dem sich Preise leicht vergleichen lassen. Reimann hat eine Liste zur Hand: Der Liter H-Milch (3,5 %) stieg von 55 auf 65 Cent, Kaffeesahne (7,5 % im 340 Gramm-Tetrapack) von 39 auf 44 Cent, das Kilogramm Quark (lose im Eimer) von 1,60 auf 2 Euro, ein halbes Pfund Butter von 79 Cent auf 1,29 Euro..

"Jeder kann nachrechnen, dass bei den Bauern nur ein Bruchteil davon ankommt und es sich um ein Nullnummernspiel handelt", erklärt Reimann. Der Mehraufwand für Treibstoff, Futter- und Düngemittel, Saatgut und Ersatzteile werde nicht kompensiert.

Dennoch gewinnt Silvio Reimann der aktuellen Diskussion um Milch- und Getreidepreise etwas Gutes ab: "Die Landwirtschaft ist ins Blickfeld gerückt, die Bürger interessieren sich für das Thema und sehen die Bauern nicht nur als Empfänger von Subventionen an." Das Wissen darum, das Qualitäts-Lebensmittel ihren Preis haben und die Landwirte ein wichtiger Teil der Wertschöpfungskette sind, werde die Kunden stärker für seinen Berufsstand sensibilisieren, hofft Reimann.

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